Allgemeines

Außenansicht Pfarrkirche Mieders

Dr. Margarethe Stelzer schreibt in ihrer Diplomarbeit: „Sonderbar ist die Lage der Kirche, die nicht, wie es meistens der Fall ist, den Mittelpunkt des Ortes bildet, sondern unterhalb des Dorfes am Weg nach Telfes liegt. Auch in anderen Unterlagen werden Vermutungen hinsichtlich der Lage der „Miederer Urkirche“ geäußert. Ein im Jahr 1808 verfasster, aber aufgrund der Ereignisse um 1809 später herausgegebener Reisebericht lässt folgendes vernehmen:

„Es ist die gegründete Vermuthung vorhanden, daß sich die Kirche von Mieders nebst dem Kirchhofe früher an einem andern Orte befunden habe, und erst in der Folge auf den gegenwärtigen Platz übersetzt worden sei. Hierüber dürfte der Umstand zum Beweise dienen, daß auf dem Platze nächst dem Lener'schen Wirthshause (Gasthof Alte Post) noch immer ziemlich gut erhaltene Menschen-Skelete zum Vorschein kommen. Bei Erweiterung der nächst gelegenen Schmiede sind vor zwei Jahren drei solche Skelette ausgegraben worden; eines davon hatte riesenmäßige Gebeine und quer über dem Leib und den Schultern eine Art Lanze, oder Spieß mit den Armen umschlungen bei sich welches aber leider vom Schmiede als altes Eisen verwendet worden ist. Nicht weit von diesem Platze sieht man noch in einem Hause Spuren von einem Thurme in dessen Gewölbe die Löcher sichtbar sind durch welche die Glockenseile gezogen wurden“.

Diese Vermutungen waren falsch, wie sich herausgestellt hat, auch die „sonderbare“ Lage der Kirche lässt sich nunmehr gut erklären. Die Miederer Urkirche kann man als frühmittelalterliche „Eigenkirche“ lokaler Grundherren klassifizieren, welche natürlich ein Grundstück bzw. Fläche in ihrer unmittelbaren Nähe dazu auswählten. Demnach kommen lediglich 2 Anwesen bzw. ihre damaligen Gründer für die Errichtung der Miederer „Urkirche“ in Frage. Das oberhalb liegende „Kellerlehen“, („Hannen“ / Fam. Span) oder das unterhalb liegende „Ribislehen“, („Fürstenhaus“ / Fam. Eberl).

Sehr lange Zeit wurde ohne das Vorhandensein wirklich exakter Beweise die Miederer Kirche als älteste des gesamten Tales bezeichnet. Vor allem aufgrund der Jahreszahl 1320, welche bei einem Umbau an der Rückwand der Kirche hinter der Orgel entdeckt wurde. Auch aufgrund weiterer existierender Dokumente aus dem 14. Jahrhundert, speziell aufgrund der erstmaligen Nennung im Jahr 1348 setzte man einen Entstehungszeitraum des Baukörpers für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts an.

Vor allem aufgrund des Patroziniums lag ein wesentlich höheres Alter nahe. Ein Marienpatrozinium geht mit der Bezeichnung als „Frauenkirche“, „Liebfrauenkirche“ oder „Unserer Lieben Frau“ einher und kam speziell im Frühmittelalter zur Anwendung. Erst seit der grundlegenden Renovierung unserer Kirche 1986 bis 1993 kann man aufgrund wissenschaftlicher Untersuchungen des Denkmalamtes die Entstehung und die Baugeschichte unserer Kirche exakt rekonstruieren.

Baugeschichte / Künstlerische Ausgestaltung

8. Jahrhundert

In diesem Jahrhundert wurde die erste Kirche auf einem noch älteren Gräberplatz in Holzbauweise errichtet. Der frühestmögliche Ansatz ist das Jahr 718, die Gründung dürfte von lokalen Grundherren ausgegangen sein. Lange Zeit wurden von der Geschichtsschreibung  solche „Gründungsbauten“ allein den eingewanderten Bajuwaren zugeordnet, die neuere Forschung geht allerdings davon nicht mehr unbedingt aus, die Bevölkerung war schon in diesem Zeitraum stark durchmischt.

9./10. Jahrhundert

Nachdem die erste Kirche abgebrannt war, wurde zwischen 884 und 958 ein Steinbau errichtet. Etwas größer als die ursprüngliche Holzkirche, mit eingezogenem halbkreisförmigem Altarraum und in der gleichen Ausrichtung.

13. Jahrhundert

Die alte Kirche wurde vollständig abgetragen und es entstand ein wesentlich größerer, leicht nach Süden gedrehter Neubau. Diese Kirche hatte schon einen dem Schiff vorgelagerten Turm, auf dessen Fundament der heutige steht.  Dieser für ein Dorf wie  Mieders ungewöhnlich große Baukörper des 13. Jahrhunderts  war gleich breit aber etwas kürzer als heute, ebenfalls mit einer halbkreisförmigen Apsis.

15. Jahrhundert

Wahrscheinlich in der Mitte dieses Jahrhundert fand ein Erweiterungsbau statt. Das Schiff wurde um ein Joch verlängert, die halbrunde Apsis wurde abgetragen und durch den heutigen Polygonalchor ersetzt.  Außerdem wurde eine Empore eingebaut und das Gebäude wurde kreuzgewölbt.

Somit erreichte unsere Kirche, abgesehen vom Kirchturm schon um 1450 seine heutige Dimension. Unvorstellbar, wenn man dem Ganzen eine durchaus nachweisbare Einwohnerzahl von ca. 130-150 Personen in diesem Zeitraum zugrunde legt. Der Status einer „Eigenkirche“ dürfte schon seit dem frühen 12. Jahrhundert nicht mehr gegeben gewesen sein, nur mit einem unvorstellbar anmutenden Kraftakt der gesamten Dorfbevölkerung konnte dieses Vorhaben umgesetzt werden. Dies gilt natürlich auch in gleicher Weise für die Bauten des 9/10. und des 13. Jahrhunderts. Es ist davon auszugehen, dass für diesen Zeitabschnitt auch die „Oblei“ Schönberg der Kirche Mieders angeschlossen war und sich somit aller Wahrscheinlichkeit nach auch am Bau dieser Kirchen beteiligte.

1500/10

Nicht ganz gesichert, aber sehr wahrscheinlich wurde in diesem Zeitraum die angenommene Holzempore des 15. Jahrhunderts

in Steinbauweise erneuert bzw. ersetzt.

1659

In diesem Jahr wurde der Kirchturm in seiner heutigen Form und Höhe durch den Maurermeister (Paul Voglsperger) und Zimmermeister (Jakob Saurwein) im oberen Teil erneuert. Ob dabei die Höhe des Turms im Vergleich zum 13. Jahrhundert angehoben oder gleich belassen wurde, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Es ist bezeugt, dass wiederum die gesamte Dorfgemeinschaft mithalf, dokumentiert ist auch ein tragischer Unglücksfall mit tödlichem Ausgang.

17. Jahrhundert

Gegen Ende dieses Jahrhunderts Schutzengel an der Westfront.

18. Jahrhundert

Am Beginn dieses Jahrhunderts Katharinen-Altarblatt (Johann Geyer).

1711

Kanzel (Sebastian Denifle) mit Gemälden der Kirchenväter (Franz Michael Hueber).

1733/34

Kreuzweggemälde (Jakob Jenewein2)

1737/42

In diesen Jahren wurde die gesamte Miederer Kirche durch Franz de Paula Penz „barockisiert“. Sämtliche vorhandenen gotischen Stilelemente wurden entfernt bzw. überdeckt.

Neues Hauptportal / Verkleinerung der ehemals spitzbogigen Seiteneingänge mit Korbbogen / Ausrundung und Tiefersetzung der Nordfenster / Sonnenuhr / 1738 Stukkaturen (Anton Gigl) / 1739 Fresken: Himmelfahrt Mariä, Geburt Mariä und Heilige als Fürbitter der Kirche bei der hl. Dreifaltigkeit umgeben von den 12 Aposteln und dem hl. Paulus, beim Triumphbogen Symbole für Tod und Auferstehung Christi, Glorie St. Ursula und hl. Franziskus, über den Fenstern Grisaillen: Psalmen und Darstellungen zum Hohenlied, Ezzechiel und Johannes,  an der Emporenbrüstung Blumen und Embleme der Musik (Jakob Jenewein)  / 1740 Hochaltar (Stefan Föger) mit Opfergangtüren und Doppelsäulenädikula  / 1742 Tabernakel.

1752

Bekleidete Madonna der Skapulier-Bruderschaft


1760/70

Orgelgehäuse mit Rocailledekor / 1762 neue Seitenaltäre mit Statuen der hll. Katharina, Barbara Georg und Florian, in den Aufsätzen hll. Josef und Johannes (Johann Perger). Altarblatt mit den Pestheiligen Rochus, Sebastian und Pirmin (Dionysius Kainz).

1786

Umbau des Hochaltars für die Aufnahme des Waldraster Gnadenbildes (Johann Weber), Pflasterung mit dem Boden aus Maria Waldrast.

1846

Renovierung  Kirchturm

Rückführung des Waldraster Gnadenbildes

1883/84

Gesamthafte Innenrenovierung, Hochaltarblatt Madonna Hodegetria, Kopie nach Franz Ittenbach (Anton Kapferer3).

1908/09

Erneuerung der Fenster, Zyklus mit Herz Jesu und Mariä, sowie Heiligen (Tiroler Glasmalerei) durch Familienstiftungen.

Die Stifter:

  • Andenken an Maria Nagiller geb. Saxer
  • Gewidmet von Johann Nagiller
  • Andenken an die Familie Hammer
  • Andenken an die Familie Zorn
  • Andenken an die Familie R.& S. (Reinisch und Seewald)
  • Gewidmet von der Familie von Hassenmüller / Familienwappen

1934/35

Außenrestaurierung inkl. Kirchturm

1950/51

Innenrestaurierung, Hochaltarstatuen hll. Margaretha und Katharina (aus der Pfarrkirche Sellrain).


1986/93

Grundlegende Innen- und Außenrestaurierung, Volksaltar und Ambo (Leopold Hafner).

Erneuerung von 2 Fenstern seitlich vom Hochaltar (Tiroler Glasmalerei).

Die Inschriften:

  • Gewidmet von Ambrosius Ruech 1991
  • Gewidmet v. d. Familien Josef Walder u. Maria Mayrl

Die Kirchenglocken

Das Vorhandensein von Kirchenglocken lässt sich für Tirol schon im Mittelalter belegen. Allerspätestens mit dem bereits erwähnten Umbau des Kirchturms im Jahr 1659 ist für unser Dorf mit der Existenz eine Kirchengeläutes zu rechnen. Einem Inventar des Jahres 1807 ist zu entnehmen, dass  bereits 4 Glocken vorhanden waren. 

Im Jahr 1916 erfolgte eine kriegsbedingte, zwangsweise Ablieferung aller Glocken bis auf die „Elferin“, schon 1921 wurden 4 neue Glocken angeschafft.

1942 müssen wiederum  4 Glocken  abgeliefert werden, 1947 erfolgt unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Einweihung der neuen Glocken.

Sämtliche Kirchenglocken wurden von der traditionsreichen Glockengießerei Grassmayr in Innsbruck angefertigt bzw. gegossen. Unsere Glocken ergeben das schöne „Salve Regina Motiv“ mit doppeltem Grundton.

MARIENGLOCKE

die „Groaße“, gegossen 1947, 2070 kg
„Der größten der Frauen, der Mutter des Herrn, Maria, der bin ich als Große geweiht“.
„Satanische Mächte von Mieders halt fern, so singet, so klinget mein herrlich Geläut“.
„Ich Maria verehre ich, ich Tote beklage ich, ich Unwetter verjage ich“.

KRIEGSGLOCKE

Sebastian, die „Nachgroaße“, gegossen 1921
„O hl. Sebastian, du Pestpatron, mit Krieg und Not und Seuchen gnädig uns verschon“.
„Heiligstes Herz Jesu, erbarme dich der Gefallenen dieser Pfarrgemeinde und gib ihnen den ewigen Frieden“.
Am Schlagring dieser Glocke sind die Namen der23 im ersten Weltkrieg gefallenen Miederer verewigt.

FLORIANIGLOCKE

die „Zwölferin“, gegossen 1947, 580 kg
„Heiliger Florian bitt für uns“

KATHARINAGLOCKE

die „Elferin“, gegossen 1947, 434 kg
„Heilige Katharina bitt für uns“

JOSEFSGLOCKE

das „Sterbeglöckl“, gegossen 1947, 240 kg
„Jesus, Maria und Josef nehmt hin meine Seele“

Die Kirchenuhr

Schon seit geraumer Zeit wird die Kirchenuhr mit moderner Technik betrieben.

Das alte Uhrwerk befindet sich zwar noch an Ort und Stelle, ist aber nicht mehr in Betrieb. Der Erbauer bzw. Hersteller dieses Uhrwerks war die Firma Konrad Grubhofer aus Rum bei Innsbruck, die Jahreszahl auf dem Kontrollziffernblatt lautet 1903.


Die Kirchenorgel

Bereits im Jahr 1807 wird eine Orgel  mit 14 Registern „theils von holzernen, theils von zinnenen Pfeifen“ erwähnt. Auf einem ehemaligen Grundstück (GP 819) der Kirche lastet heute noch ein Fruchtgenussrecht aus dem Jahr 1684 für einen Vorsinger  (Organisten). Dies belegt natürlich nicht nur die Existenz eine Orgel, sondern ist auch ein Beleg für die Existenz eines organisierten Kirchengesanges.


Epitaphe / Grabplatte

Joseph Brixner4, Richter im Stubai, gest. 1768

Bartholomäus Wunderer (1700-1776), Curator & Benefactor

J.B.1768, Joseph Brixner


Totenkapelle

Fotonachweis: Tiroler Kunstkataster / Bildarchiv

Das Entstehungsjahr der Friedhofskapelle dürfte um das Jahr 1358 sein. Lange Zeit herrschte die Vermutung, die Totenkapelle sei die erste und die ursprüngliche Kirche unseres Ortes gewesen.
Diese Annahme hat sich als nicht richtig herausgestellt und somit ergibt sich die Frage nach dem ursprünglichen Verwendungszweck dieses Gebäudes in so früher Zeit. Dies lässt sich wahrscheinlich nicht mehr zur Gänze klären. Aufgrund der Tatsache, dass die vorhandenen Fresken sehr hoch innerhalb des Raumes angebracht sind lässt die Annahme zu, dass die Kapelle in früherer Zeit als „Beinhaus“ in Verwendung stand. Im Christentum kam das Anlegen von Beinhäusern im 11. und 12. Jahrhundert auf, für Tirol etwas später. Somit wäre der zeitliche Ansatz stimmig. Ausgelöst durch Platznot auf dem wahrscheinlich damals sehr viel kleineren Friedhof ist es durchaus denkmöglich, dass diese Praxis auch in unserem Dorf für einige Zeit gepflegt wurde. Auch sticht ein bisher nicht beachteter zeitlicher Zusammenhang mit der Pestepidemie der Jahre 1348 bis 1353 ins Auge. Ich würde zwar nicht behaupten, unsere „Totenkapelle“ sei ursprünglich als „Pestkapelle“ errichtet worden, jedoch muss es aufgrund der vorangegangenen Katastrophenjahre entweder ein religiöses oder ein sachliches Bedürfnis gegeben haben um einen zusätzlichen „Kultraum“ zu errichten.

Eine weitere interessante Information ist die Tatsache, dass die Totenkapelle früher den Namen „Totengruft“ trug.
Im Jahr 1702 und im Jahr 1711 ist die Rede von „Arbeiten an bzw. in der Totengruft“. Im Jahr 1711 wird in diesem Zusammenhang berichtet: „Der Gottesdienst scheint unterdessen in der Totengruft gehalten worden zu sein“.
Dies wurde notwendig, da in diesem Zeitraum im Innenraum der Kirche Umbauarbeiten stattgefunden haben.

Jedenfalls dürfte man wahrscheinlich aufgrund der Erweiterung des Friedhofs davon abgekommen sein, die Totenkapelle als „Totengruft“ bzw. als „Beinhaus“ zu nutzen.

Das wertvolle Triumphbogenkruzefix, ein bedeutendes Tiroler Schnitzwerk, entstanden um 1500, hing ursprünglich in der Kirche und wurde erst im Zuge der letzten Kirchenrenovierung in die Totenkapelle verbracht.
Erst in den Jahren 2013/14 wurde das Gebäude einer grundlegenden Innen- und Außenrestaurierung unterzogen und dient als würdiger Aufbahrungsort für unsere Verstorbenen.

Pfarre

Ausgehend von der Tatsache, dass das Stubaital für lange Zeit von weltlicher Seite als Verwaltungseinheit gesehen wurde, kann man davon ausgehen, dass auch die früheste „Kirchenverwaltung“ ursprünglich und für Jahrhunderte unser Tal als Einheit gesehen hat.
Im Jahr 1254 werden in einer Urkunde des Bischofs Bruno von Brixen die Pfarrleute (pleberani de Stubay) erwähnt, bereits lange vorher wurde das gesamte Stubaital dem Fürstbischof von Brixen unterstellt.
Zentrum und Sitz dieser „Kirchengemeinde“ war Telfes, und sind die Anfänge dieser Struktur sowie die Telfer Kirche selbst ins 10. Jahrhundert zu datieren. Ein archäologischer Befund für die Zeit davor konnte bisher nicht erbracht werden.
Somit war unsere Kirche über Jahrhunderte in organisatorischer Hinsicht, wie alle Kirchensprengel im Stubaital, eine „Filiale“ der Urpfarre Telfes.
Parallel zu dieser Struktur kann man davon ausgehen, dass christliche Rituale sehr wohl schon zeitgleich, wenn nicht schon früher in unserer Kirche in Mieders stattgefunden haben. Die erste schriftliche Erwähnung einer „Messstiftung“ stammt aus dem Jahr 1348, ab 1389 werden regelmäßige Gottesdienste offiziell eingeführt.

Einem Vertrag des Jahres 1519 ist zu entnehmen dass
„Kirchweih, Patrozinium und gestiftete Messen in den betreffenden drei „Zukirchen“ Fulpmes, „Müeders“ und Neustift gehalten werden können. An den höchsten Festtagen, den Quatembersonntagen und Unser-Lieben-Frauentag jedoch soll der Telfer „Pfarrer den Gotzdienst mit aller seiner Priesterschaft zu Telfes halten, wie von alter Herkomen ist...“.
stattzufinden haben.

Weiter ist diesem Schriftstück zu entnehmen, dass
„in ihrer Zukirche „Hochzeiten und Kindelpetterinen, Einsegnen und Begrebnus wie von alter Herkomen“ abgehalten werden.
Die Reformationsbewegungen durch Martin Luther mit Beginn des Jahres 1517 dürften unsere Heimatgemeinde nur am Rande berührt haben. Jedenfalls liegt mir kein einziger Hinweis darauf vor. Weiter scheint auch die Verteilung von „lutherischen“ Schriften im 16.-17. Jahrhundert nicht gefruchtet zu haben, es scheint fast so, als wäre die Stubaier Bevölkerung immun gegen diese neue Strömung gewesen zu sein.

Wichtiger scheinen unseren Vorfahren die Anliegen gewesen zu sein, welche in der Mitte des 16. Jahrhunderts zu einer „Bauernrevolte“ unter der Führung von Michael Gaismair geführt haben.
Wichtig Gründe dabei waren vor allem die Abschaffung der weltlichen Macht der Kirche und die Wahl der Pfarrer durch das Volk. In diesem Zusammenhang ist immerhin die Stürmung und Besetzung des Telfer Widum im Jahr 1525 belegt.

Die Telfer Pfarrer des 16. Jahrhunderts scheinen sich aber um die ihnen unterstellten „Zukirchen“ im gesamten Tal nicht sonderlich und ausreichend gekümmert zu haben. Dies führte mit der Zeit zu Bestrebungen um Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, vor allem auch die personelle Besetzung der Ortskirchen betreffend.

Im Jahr 1718 wurde durch nun endlich durch Anton Schneider5, ein „Benefiztum“ gestiftet und 1724 besetzt.
Ein „Benefiztum“ ist das mit einem Einkommen verbundene Kirchenamt welches natürlich auch das Vorrecht des „Stifters“ beinhaltet bei der Bestellung eines geistlichen Würdenträgers ein Mitspracherecht innezuhaben.
Die grundsätzliche Zugehörigkeit zur Mutterpfarre änderte sich dadurch nicht, jedoch konnte man sich nunmehr den „Pfarrer“ selbst auswählen.

Wenig später, 1767, wurde das „Benefiztum“ in eine „Kuratie“ umgewandelt. Eine Pfarrkuratie ist sozusagen die Vorstufe zur vollkommen eigenständigen Pfarre, eine Gemeinschaft von Gläubigen, die „wegen besonderen Umständen noch nicht als Pfarre errichtet ist“.

Erst 1891 wurde die Kirche Mieders schließlich zur vollkommen eigenständigen „Pfarre“ erhoben.

Im Jahr 2008 wurde der Seelsorgeraum Stubai gegründet bzw. etabliert. Damit ist in einer gewissen Weise der „Urzustand“ wieder hergestellt. Auch die Funktion der „Pfarrkuratoren“ erlebt inzwischen sozusagen eine Renaissance und letztlich erinnert die intensive Einbindung von „Laien“ in die kirchlichen Strukturen an die Anfänge…

Personenregister

Dr. Margarethe Stelzer

Dr. Margarethe Stelzer, eine gebürtige Schönbergerin widmete sich in Ihrer Dissertation mit dem Thema „Beiträge zu Siedlungs- und Wirschaftsgeschichte von Mieders im Stubai“ aus dem Jahr 1939 unserer Heimatgemeinde. Die umfangreiche Arbeit liegt sowohl im Gemeindeamt Mieders, wie auch im Tiroler Landesarchiv auf.

Jakob Jenewein (1713-1745)

Im Haus „Bichl 1“ geboren wurde sein künstlerisches Talent schon früh erkannt und gefördert. Vereinzelt wird dargestellt, dass Jakob Jenewein im Haus „Weber“ auf die Welt gekommen ist, dies und sein manchmal falsches genanntes Geburtsjahr (1691) beruht auf einem Irrtum. Weil er für die bäuerliche Arbeit als körperlich eher ungeeignet angesehen wurde, wurde Jakob Jenewein zu einem Maler in Innsbruck in die Lehre gegeben. Er übertraf bald seinen Meister und ging zur weiteren Ausbildung nach Rom. Dort lernte er im Collegium Romanum einen jungen Mann kennen, der später Probst am Brixner Dom wurde. Auf dessen Empfehlung wurde er 1731 nach Brixen berufen und dort als Hofmaler beschäftigt. Er schuf Fresken und Ölbilder, vorwiegend für Kirchen in Brixen und im Stubaital. Zugeschrieben werden im auch die Fresken beim Haus Schmelzgasse 16 (Weber), welches manchmal fälschlicherweise als sein Geburtshaus benannt wird. Er starb 1745 beim Ausmalen der Kirche in Pufels durch einen Sturz vom Gerüst.

Anton Kapferer

Offensichtlich ein gebürtiger Miederer, leider ist keine Künstlerbiographie vorhanden, auch keine weiteren künstlerischen Werke auffindbar. Das Geburtshaus dürfte beim „Siller“ gewesen sein, dies kann man auf den Namen der ehemaligen Eigentümer wie auch auf den zeitweilig in Gebrauch stehenden Hausnamen „beim Maler“ schließen.

Joseph Brixner

In jungen Jahren aus dem Pustertal zugezogen, finden sich seit 1725 Eintragungen in den Verfachbüchern. Zunächst als Gerichtschreiber tätig, wurde er 1738 zum Richter im Stubaital ernannt. Er wurde als „Lateiner“ bezeichnet und besaß als erster Gerichtsbeamter eine gehobene Ausbildung.

Antony Schneider

Gerichtsschreiber des Hofgerichtes Stubai / Urbar-Amtsmann, in Sterzing geboren. Es sind leider keine weiteren Unterlagen im Hinblick auf diese Persönlichkeit ans Tageslicht gekommen. Bisher konnte lediglich das Sterbejahr ausfindig gemacht werden. Das Porträt trägt die Jahreszahl 1721 und zeigt Antony Schneider schon in fortgeschrittenem Alter. Es ist nicht bekannt, ob sich sein Wohnsitz in unserer Gemeinde befand. Weiter finden sich keinerlei Unterlagen über Familienstand bzw. eventuelle Nachkommen. Da aber sämtliches Vermögen der Kirche gestiftet wurde, kann man davon ausgehen, dass es keine direkten Nachkommen gab. Man kann mit Fug und Recht behaupten, Antony Schneider war und ist ein der wichtigsten Persönlichkeiten in der Miederer Kirchengeschichte.

Die Kirchenchronik wurde zusammengestellt von Herbert Driendl

Seite bearbeiten